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Stadt der Blüten und der Weine

Im Süden Hessens und wenige Kilometer vor der Landesgrenze zu Baden-Württemberg, genauer noch zwischen Darmstadt und Heidelberg, liegt Bensheim, die größte Stadt im Kreis Bergstraße, umrahmt vom Hessischen Ried und den lieblichen Hügeln des Odenwaldes. Die Lage am Fuße des Kirchberges und weiterer angrenzender "Hügel" bietet aufgrund der Hänge und Beckenlage eine hervorragende Grundlage für den Anbau von Wein. Vor mehr als 1240 Jahren wurde Bensheim bereits urkundlich erwähnt und erhielt 956 das Marktrecht, im 13. Jahrhundert folgte das Stadtrecht. Handel und Gewerbe blühten danach auf. Im Jahre 1301 fiel die Stadt den Flammen des Rheinischen Zollkrieges zum Opfer und wurde danach durch stetig wechselnde Obrigkeiten regiert. Im Dreißigjährigen Krieg, so erzählt sich der Volksmund, soll die "Fraa vun Bensem" den Bayern den geheimen Weg durch die Stadtbefestigung in die Stadt gezeigt haben und so konnten die Schweden vertrieben werden. 1803 fiel Bensheim schließlich an die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt. Heute ist Bensheim eine blühende Mittelstadt - Heppenheim hält den Kreissitz - in der Handel und Gewerbe, Geschäfte und eine Vielzahl an Dienstleistungen sich harmonisch in die bestehnden Strukturen einer historisch gewachsenen Stadt einordnen.

Joseph Stolls Bensheim

Man muss sich beim Lesen Texte und Betrachten von Joseph Stolls Texte und Bilder darüber im Klaren sein, dass das Bensheim, so wie er es darstellte, mehr als 120 Jahre zurückliegt und nicht nur die normalen städtebaulichen, demographischen und sozialen Veränderungen das Stadtbild verändert haben, sondern auch die Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges für „sein Bensheim“ grundlegende Einschnitte darstellten.

Als Joseph Stoll in Bensheim aufwuchs, lebten gerade mal 8000 Menschen in Bensheim, die Stadt war von Handwerk und Landwirtschaft geprägt und ein Großherzog war verantwortlich für das Wohl seiner Untertanen. Durch die mittelalterlichen Gässchen fuhren Kutschen und der Bahnhof stellte das Tor zur großen, weiten Welt dar.

All das gibt es so nicht mehr, die Straßen und Gassen sind dem Verkehr kaum noch gewachsen und Bensheim hat ein Vielfaches an Bewohnern dazugewonnen. Viele der Gebäude, die er in seinen Texten beschreibt, gibt es nicht mehr, durch Kriegseinwirkungen und Abrisswahn der Nachkriegszeit unwiederbringlich verloren. Selbst Straßenverläufe haben sich verändert.

Aber vielleicht liegt auch darin der Reiz „sein Bensheim“ kennenzulernen und zu versuchen das „alte Bensheim“ zu erforschen.

Dass er eine romantische Vorliebe für das mittelalterliche Bensheim hatte, obwohl er die Zeit vor 1836 - dem Jahr, welches für die mittelalterliche Stadtbefestigung mit dem Heppenheimer Tor und Auerbacher Tor den Abriss bedeutete - selbst gar nicht erlebt hat, mag man ihm verzeihen, aber allein die Veränderungen, die er zwischen 1879 und 1956 erleben musste, betraf Vieles des noch verbliebenen alten Bensheims. Dass die Schönheit des "guten Alten" immer im Auge des Betrachters liegt, zeigt ein im Bergsträßer Anzeigenblatt (No. 4) veröffentlichter Kommentar eines Nicht-Bensheimers aus dem Jahre 1869:

"Noch vor wenigen Jahren war Bensheim mit einer Mauer umgeben. Enge, schmutzige Straßen, elende, nasse, dunkle Wohnungen drängten sich auf spärlichem Raum zusammen. Kommt man jetzt nach Bensheim, welche Veränderung, welcher Fortschritt! Die Ringmauer und die alten Tore mit ihren mittelalterlichen Türmen sind zum großen Teil verschwunden. Ein ganz neuer Stadtteil ist entstanden. Prächtige Alleen, bekieste Wege, breite, reinliche Trottoire zieren die Straßen der Stadt. Eine Wasserleitung liefert vorzügliches Trinkwasser. Auch haben einige Gastwirte ihre Lokale verbessert und erweitert"

Viele Sachverhalte und Erzählungen hat er im Laufe seines Schaffens in Werken und Zeitungsartikeln zusammengetragen und diese berichten von einem Bensheim, welches es schon lange nicht mehr gibt.