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Joseph Stolls literarische Ader

Jetzt gibt es sicherlich Leute, die haben noch kein Bild von ihm gesehen, oder sind sich der Ursprünge des Winzerfestes nicht bewusst, die können sich aber erinnern, dass sie von ihm einmal ein Büchlein in der Hand gehalten haben. Richtig, denn Joseph Stoll verfasste in rund 50 Jahren eine unzählige Menge Vielfalt an Gedichten, Berichten, Theaterstücken und Liedern. Auch hier trat seine Heimat mit all ihren Bräuchen, Anekdoten, ihrer Historie und vor allem ihrer Mundart in das Blickfeld seines Interesses. Neben unzähligen Beiträgen in Zeitschriften bzw. Zeitungen der damaligen Zeit, hier wäre zum Beispiel "Unter der Dorflinde", "Volk und Scholle", "Hessischer Landkalender", "Bensheimer Anzeigeblatt" und "Bensheimer Geschichtsblätter" zu nennen, hat er auch eigene Werke herausgegeben.

Die frühen Anfänge

Aufgrund der Fülle der Materialien im Nachlass Joseph Stolls ist es schwierig, die Anfänge genau festzulegen, aber es dürften Gedichte gewesen sein, die er auf Hochdeutsch verfasste und die dann für Kameraden während seiner Zeit in Namur bestimmt oder auf Postkarten abgedruckt wurden. So ist vermutlich das Gedicht "O Odenwald, wie schön bist du" (um 1916) das erste Werk, was in gedruckter Form veröffentlicht wurde. In einer Feldpostkarte vom 7. Februar 1918 richtet sich ein Kamerad ausdrücklich an Joseph Stoll und bittet "um eins oder zwei kleine Gedichtchen" für sich und seine Kameraden im Militärischen Genesungsheim Gembloux. Diese könnten für die heimeigene Zeitschrift "Der Eigenbrödler" gedacht gewesen sein. Ein leider nicht datiertes, aber vermutlich um 1908 entstandenes Lied "Bensem werd kanalisiert", welches die erste und somit neue Kanalisation Bensheims zum Thema hat, wurde zwar gedruckt, schien aber nur als Tischvorlage zu einem Fest veröffentlicht worden zu sein.

Theaterstücke, Heimatkunde und verstärkt Mundart

Die Anzahl der Veröffentlichungen steigt mit dem Ende des Ersten Weltkriegs zunehmend. Dabei sind es anfänglich wieder Gedichte, wie zum Beispiel das Gedicht "Dem Andenken des Turnvaters Jahn", aber auch die ersten heimatkundlichen Beiträge, darunter "Vom malerischen Bensheim", die er Anfang der 1920er in gedruckter und gebundener Form veröffentlichte. Joseph Stoll war aber auch ein guter Beobachter und Menschenkenner und so erzählte er gerne die Geschichten aus dem alten Bensheim und über Alltagsprobleme und das menschliche Miteinander. Mitte der 1920er Jahre, die Weltwirtschaftskrisen erschweren den Alltag auch im beschaulichen Bensheim, versuchte Joseph Stoll die Bevölkerung zu mehr Heimatliebe zu bewegen und konzentrierte sich auf die Bensheimer Mundart. Mit seinen Theaterstücken schafft er es zum einen junge Menschen auf der Bühne zusammenzubringen und gleichzeitig ein Bewusstsein für die Muttersprache zu wecken.

Bensheim als Schwerpunkt

Der größte Anteil seiner Werke - teilweise auf Hochdeutsch, teilweise in Mundart - beschäftigt sich allerdings mit der Stadtgeschichte. So erfasst er anhand der Aufzeichnungen des ehemaligen Stadtarchivars Blüm die mittelalterlichen Wurzeln, er beschäftigt sich mit den Adelshöfen und Wappen des Adels und er erstellt Stadtrundgänge, die den auswärtigen Besucher durch die Gassen und über die Plätze führt.

Das Bensheimer Wörterbuch - Sein Meisterstück

Einhergehend mit seinem Versuch, die Menschen für Bensheim zu gewinnen, den Zerfall der mittelalterlichen Gebäude zu stoppen, die Geschichte und Geschichten und die Bensheimer Mundart zu erhalten, steht auch seine Bemühung in den 1920er Jahren, ein Wörterbuch der Bensheimer Sprache - Das Bensheimer Idiotikon - zu schaffen. Sein gegründeter Stammtisch trägt viele Begriffe zusammen, diese katalogisiert er, versucht typische Redewendungen zu erfassen, betrachtet den etymologischen Ursprung und verknüpft dies zudem mit geographischen und historischen Fakten. Zu Lebzeiten konnte Joseph Stoll die Veröffentlichung nicht mehr erleben, erst der Bensheimer Museumsverein (1984) konnte ein Faksimile seiner Aufzeichnungen herausbringen, erst sehr viel später brachte das Internet die Möglichkeit einer kostenlosen und digitalen Veröffentlichung (2016).

Alles verloren - bloß nichts vergessen

Nach dem Krieg steht auch weiterhin Bensheim im Fokus seiner schriftstellerischen Tätigkeit, allerdings sind viele Werke auf das Verlorengegangene gerichtet. So verwundert es nicht, dass viele Werke sich mit dem alten Bensheim, den alten Bensheimern, der "guten alten Zeit" beschäftigen. Wieder betrachtet er die menschliche Wesensart. Sein letztes Werk ist "Oald Bensmer vun doomools" und er nimmt den Leser auf die Reise in sein Bensheim, das Städtchen seiner Jugend und hält die Details der damaligen Zeit fest.

Viele seiner Werke liegen als PDF-Dokumente (Faksimiles und Neuauflagen) im Bereich "Bücher & Werke" vor und können kostenlos heruntergeladen werden.